Ernie Luley Superstar

Ernie Luley Superstar spielt in vielen seinen Bilder auf die Ursprünge von Kunst und Kultur aus Triebstruktur und Mythos an.

Ein solcher Mythos ist der American Dream, der davon erzählt, dass es jeder durch harte Arbeit und Willenskraft schaffen kann ein besseres Leben zu führen, besonders wenn er einen moralisch anständigen Lebenswandel führt und natürlich in den USA lebt.

Die Erzählung selbst ist dabei einem ständigen Bedeutungswandel unterworfen und die soziale Realität heute zeigt: American Dream ist der Glaube, der das Leben im Kapitalismus erträglich machen soll. Und der in perfekter Zirkularität wiederum den Kapitalismus am Leben erhält, denn diese Religion ist so wirkmächtig, dass das Leben der Superreichen auch auf Pump imitiert wird. "Einer geht noch" unter der Peitsche aus Kredit und Kreditversprechen. Das hält das System am Laufen.

Die Magazine heben die Monstranz vom angeblichen Leben von Superstars, die Gemeinde postet in den Sozial Media das Credo zurück: ich habe gekauft.

Lange zeigte das Hollywood Kino am liebsten das Leben der oberen Zehntausend. Louis Armstrong brauchte der Herrschaft zwar nicht den Schatten spenden aber sang (ihr) das Lied von der High Socity.

Mit der Niederlage im Vietnamkrieg verschiebt sich die Erzählung der US-Kulturindustrie auf die arme geknechtete Figur, die schier unmenschliches erdulden muss, und dann doch noch - dank einer Potenz (= Macht, Kraft, Vermögen, Fähigkeit) von der niemand so recht weiß wo sie noch herkommt, es sei denn aus genau dieser Knechtung, den Sprung, der von ihr verlangt wird, noch schafft. Das Kino ist seither voll von diesen Rockys und Rambos und depressiven Superhelden: Slavoj Zizeks: The Pervert's Guide to Cinema.

Überhaupt spielen Bilder immer eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung des "American Dream". Es sind Bilder als Fotografie, Film, TV, Comic und natürlich auch Kunst.

Das Bild American Dream, das Ernie Luley Superstar uns vorstellt, ist aus all diesen Versatzstücken so hyper-composed, das seine Bedeutung in dieser Komposition liegt. Der Künstler legt nicht Zeugenschaft einer Wahr-Nehmung ab. Er inszeniert. Aus Trash und meisterlichem Können. Aus liebevollen Details und der Darstellung extremer Brutalität. Qquentin Tarantino-Kino.

Aber der American Dream war immer auch der Traum der individuellen Freiheit. Den Cowboy, den man als Motiv in vielen Variationen in den frühen Arbeiten von Ernie Luley Superstar findet, also diesen Cowboy, als den durch die Prärie streifende Archetypus der Freiheit, kann es in einer modernen Gesellschaft nicht mehr geben. Zucht und Ordnung heißt folgerichtig eine der Arbeiten aus der aktuellen Reihe von Rück-Ansichten. Ist die Person heute gesichtslos? Oder ist heuteein fetischisiertes Detail bestimmend für einen selbst oder andere? Es bleibt Ent-Personalisierung, die Liquidation des Individuums in der total vergesellschafteten Gesellschaft.

Liquidation Total heißt im Französischen der Totale Räumungsverkauf. Dieser Lösung der Krise im Kapitalismus durch Liquidation hat (Nazi-)Deutschland eine ultimative Konsequenz hinzugefügt. Aber sie ist nicht einfach Vergangenheit, sie bleibt als reale Drohung im Hintergrund- auch auf vielen Bildern von Ernie Luley Superstar.

Von diesem hypothetischen Endpunkt, den Illusionen und Überheblichkeiten (großartig: Kiss,Trixie, Kiss) am taumelnden Ende des American Dream verweist die Ausstellung aber auch zurück auf die Ängste von Kindertagen. Unsere eigenen und die einer ganzen Ideologie.

Thomas Hobbes konstruierte 1651 in ein Gedankenexperiment: Der Naturzustand, ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen noch ohne Kultur leben, liefert ihm die Ausgangslage für eine Einschätzung der menschlichen Natur. Für den Menschen im Naturzustand entwickelt er folgendes Argument: Der Mensch, sofern ihn keine Wirtschaft oder Autorität in kulturell bedingte Schranken verweist, ist in erster Linie an der Sicherung der eigenen Bedürfnisse interessiert. So entsteht ein Krieg jedes Einzelnen gegen jeden Einzelnen. Für Hobbes ist das: Der böse Wolf. Genau das aber ist wiederum der American Dream und verweist zudem auf den Eingangssatz.

Bilder wie Ausstellung sind mehrfach codiert und gehen in sich selbst über. Es bleibt das Spiel mit den Ebenen. Kinderzimmer und Kunstgeschichte. Barocke Sehn-Sucht oder Barbiewelt? Und auch die Schleifchen an den Nippeln tun bestimmt ein bisschen weh...
(Christoph Uhles, Brüssel, Oktober 2013)

"So ist das Bild selbst Fetisch. Und es kehrt zu seinen Ursprüngen zurück. Endlich gibt es wieder einen begnadeten Maler, der Bilder schafft, deren Form und Inhalt kongruent sind."
(Christoph Uhles, Künstler, Belgien, 2012)

Die Botschaft des Künstlers Ernie Luley ist eindeutig. Auf den ersten Blick zumindest. Genau hier ist Schluss mit einfach. Bei ihm sind altmeisterliche Techniken wieder auferstanden. In filigraner Schichtung erscheinen Haut und Haare zum Greifen nahe. Hingebungsvoll und technisch versiert widmet sich Ernie Luley seinen Arbeiten. Obwohl er sich des Realismus bedient, sind die Darstellungen nicht real. Sie sind Ergebnisse eines langwierigen Prozesses aus Skizzen und Farbstudien, mit denen der Künstler seelische Abgründe und Brüche zu scheinbar allgemein gültigen Kompositionen verdichtet. Die Frauenportraits sind einzigartig. Ernie Luley temathesiert die Symbole der Macht. Wer fühlt nicht fast schon körperlich den Schmerz, wenn wieder eine neue Sau durchs mediale Dorf getrieben wird, und ist zugleich angewidert von der obszönen Lust. Der Lust, mit der die Herrschenden heute dies immer und immer wieder in ihren Talk-Runden zelebrieren. Religion, Flagellation, bizarre Entgleisung, heimliche Lust oder Angst vor den eigenen Abgründen? Genau mit diesen Ambivalenzen spielt Luley in seinen Arbeiten. Der Akt der Sublimierung, also die Umlenkung von Triebwünschen in eine geistige Leistung oder kulturell anerkannte Verhaltensweise wird exemplarisch durchgespielt. Nach psychoanalytischer Ansicht ist genau dies Grundlage für die Entstehung der gesamten menschlichen Kultur überhaupt. Der Vorgang des Malens und das Bild selbst ermöglichen eine Annäherung und vielleicht Überwindung von Ängsten, aber auch Erfüllung von Wünschen und Erleben von individueller Befriedigung. Dieser Veredelungsprozess ist so alt wie die Kunst selber, eigentlich der Ursprung der Kunst. In Zeiten wuchernder Internetpornografie und der Pornografie des Mainstreams ist dies ein ausuferndes Phänomen. Nicht die Liebe selbst, sondern die Darstellung des geschlechtlichen Akts symbolisiert Liebe. Keine Tabus. Dies weckt Begehrlichkeiten. Wunsch, Vorstellung, Wirklichkeit, Abbild, Bild. Mit diesen Begriffen kommen wir zum Thema der Bildtheorie an sich. "So ist das Bild selbst Fetisch. Und es kehrt zu seinen Ursprüngen zurück. Endlich gibt es wieder einen begnadeten Maler, der Bilder schafft, deren Form und Inhalt kongruent sind." Christoph Uhles, Künstler, Belgien, 2012 "Objektivieren ist vorstellbar machen. Nur Menschen machen aus ihresgleichen Sexualobjekte. Ein Sexualobjekt ist die in rituelle Form gezwängte Natur. Es ist ein Totem unserer wilden Phantasie." "Wir umringen die Kunst als Voyeure, und unsere Reaktion auf sie enthält einen Moment sado-masochistischer Wollust." "Die Masken der Sexualität", Camille Paglia, 1992 "Und über allem schwebt das Herz, Sinnbild für jede Form der Liebe. Wie ein Leitmotiv durchzieht es die Kunst von Ernie Luley. ... Wie ein Schatz, einer kostbaren Reliquie gleich, wird es in einem mit Seidenpapier ausgeschlagenen Karton präsentiert... Die Kunst von Ernie Luley zeigt sich klar und offen. Ihre Sprache ist zum Teil vulgär und anstößig, und ihre Inhalte provozieren. Sie kann erheitern oder nachdenklich machen..." Kunstmuseum Bonn, 2004

ENGLISH

The artists message is clear. At least at first glance. Right here is where "easy" ends. In his work the technical skills of the old masters are reincarnated. In shimmering delicate layers skin and hair appear to be real enough to touch. In Luleys work we see that he is both devoted and accomplished. Although he observes the qualities of Realism his portrayals are anything but real. They are the result of a long process of sketching, and colour study, in which the artist explores an emotional abyss and the fracture points of the human soul, consolidating them into compositions that seem to possess a universal significance. Luleys portraits of women are extraordinary. He broaches the theme of power and makes it into his central symbol. Who hasnt felt the near physical pain when yet another new sow is driven through the media village, and been disgusted at this obscene show of lust? Its a lust that gets celebrated time and time again when those with the say host their talk shows. Religion, flagellation, bizarre derailments of the body and soul, secret lust or fear in the face of ones own dark side? Luley plays with exactly this ambivalence in his work. He leads us through a canon on the theme of sublimation: the channeling of the sexual drive into an intellectual or spiritual achievement or into a culturally acceptable form. From the standpoint of psychoanalysts this is exactly the basis on which the whole of human culture was created. The process involved in the painting and the works in themselves create a space to approach, and perhaps overcome, fears and also where personal desires can be live dout and fulfilled. This process of sublimation is as old as art itself. Actually, its the origin of all art. In this age where Internet pornography is rampant and where pornographic mages have become mainstream this phenomenon knows no bounds. Its not love itself which is portrayed, but the sexual act which is supposed to symbolise love. There are no taboos. Covetousness is aroused. Desire, imagination, reality, image, picture. These terms bring us to the central themes at the very heart of painting and art. "The picture itself becomes the fetish. It goes back to the origins. Finally we have a painter who is both exceptionally gifted and who can create works where content and form are congruent." Christoph Uhles, artist, Belgium, 2012 "To objectify something it has to be made imaginable. Only humans turn their peers into sexual objects. A sexual object is the ritualised form of a natural behaviour that has been constrained. It is a totem of our wild fantasies." "We encircle art as voyeurs, and our reaction to it contains a moment of sadomasochistic lust." The Masks of Sexuality, Camille Paglia, 1992 "And suspended above everything is the heart, the emblem of love in all its forms. It infuses Ernie Luleys art like a leitmotif? like a treasure, or a precious relic, it is presented in a cardboard box lined with tissue paper. Ernie Luleys art is clear and open. Its language is partly vulgar and shocking, the content provocative. It can be amusing or give one the opportunity to reflecktion. Kunstmuseum Bonn, 2004