DANIEL KANNENBERG

Fear four fear

01. Nov – 28. Nov 2008


Masken fungieren bei Daniel-Leander Kannenberg als Schilde um das Ich der Portraitierten zu verbergen. Im ersten Moment zumindest. Denn dann schwappt eine Woge aus Geschichte und gegenwärtigen Entwicklungen, aus Informationen über verschiedenste Kulturen und persönlichen Erfahrungen über einen, die es zu bedenken gilt.

Die Personen, die Kannenberg malt sind nackt und verletzlich. Es sind gebrochene Menschen, deren Gesichter hinter afrikanischen Masken verborgen liegen und die Zweifel über sich selbst, ihrer Herkunft und Einflüsse veranschaulichen. Gleich Stillleben menschlicher Ratlosigkeit und Erschöpfung sitzen sie da, starren einen durch leere Augen an. Doch sind die Bilder mehr als persönliche Standortbeschreibungen. Vielmehr beschreiben sie die Verwirrung um Identität, in einer unüberschaubaren Welt voller Angebote und vermeindlichen Möglichkeiten.

Die Schauplätze lassen sich nicht genau bestimmen. Sie könnten überall sein, wo die Globalisierung eine gefällige Oberfläche hinterlässt, auf der nahezu alles verfügbar erscheint. Die Realität ist dagegen matt. Wie etwa die Hotelzimmer, die Daniel-Leander Kannenbergs gewählt hat. Zudem verweißt er anhand des Wortspiels mit der Ziffer 4 in ?fear four fear? darauf, das beispielsweise in China und Korea - wo die chinesische Übersetzung für "Vier" genauso gesprochen wird, wie das chinesische Wort für ?Tod - in Hotels immer wieder der vierte Stock fehlt. Verweißt er also auf einen Nichtort? Der Titel kann aber auch als ein Hinweis auf die Zeit gelesen werden, die Zeit zwischen drei und fünf Uhr morgens. Oder zwischen drei und fünf Uhr nachts. Eben dann, wenn die Zeit nicht eindeutig zu einem Tag gehört. Eine Unzeit, in der die Sinne aus Erschöpfung oder Trunkheiten übersensibel reagieren und sich die Gedanken nicht selten haltlos überstürzen.

Mit seiner Farbwahl unterstreicht Kannenberg den matten Zustand der Portraitierten, wie die Differenzierung zwischen gut und schlecht, richtig und falsch, indem er seine Bildwelten ausschließlich aus Grautönen schafft. Schaut man jedoch genau hin, schimmern die Motive in unerwarteter, nahezu glamouröser Farbenvielfalt. Grau, das ist hier auch im übertragenen Sinn mitgedacht, ist eben mehr als eine Abstufung zwischen Schwarz und Weiß.

Neben diesen, überwiegend auf Selbstportraits basierenden Motiven, zeigen andere Gemälde Gegenstände, die jedes für sich wichtige Charakteristiken unserer Zeit wie ?Kommunikation? oder ?Bewegung? verkörpern. Motorroller und Telefon sind wie in animierten Werbeclips oder Comics Hände gewachsen, durch die Kannenberg Kontakt zu den BetrachterInnen aufnimmt. Die Glieder formen Buchstabe für Buchstabe Worte im Fingeralphabet. Doch ohne das Wissen um den passenden Sprachcode, erstarrt dieser Austausch zu hilflosem Wedeln und Winken. Die Information verpufft und das vielarmiges Gestikulieren stellt malerisch die Grenzen von verbalem Austausch da.

Mit "fear four fear" vertieft Daniel-Leander Kannenberg so auch die Frage danach, wie viel ein Bild, hier inbesondere ein Stillleben zu sagen vermag. Die Suche nach der Antwort mag einen genauso ratlos hinterlassen, wie die Figuren in seinen Gemälden. Denn die Antwort fordert das Hinterfragen von Kommunikation und Identität in einer global agierenden Gesellschaft. Tatsächlich aber ist die die Antwort so individuell wie allgemeingültig und in der Balance von Individuum und Gesellschaft zu finden. Vielleicht geben die Anmerkungen in Fingersprache ja Aufschluss. Forschen lohnt sich.

Meike Jansen