ERNIE LULEY SUPERSTAR

American Dream

02.11.2013 – 30.11.2013


  


Ernie Luley Superstar spielt in vielen seinen Bilder auf die Ursprünge von Kunst und Kultur aus Triebstruktur und Mythos an.

Ein solcher Mythos ist der American Dream, der davon erzählt, dass es jeder durch harte Arbeit und Willenskraft schaffen kann ein besseres Leben zu führen, besonders wenn er einen moralisch anständigen Lebenswandel führt und natürlich in den USA lebt.

Die Erzählung selbst ist dabei einem ständigen Bedeutungswandel unterworfen und die soziale Realität heute zeigt: American Dream ist der Glaube, der das Leben im Kapitalismus erträglich machen soll. Und der in perfekter Zirkularität wiederum den Kapitalismus am Leben erhält, denn diese Religion ist so wirkmächtig, dass das Leben der Superreichen auch auf Pump imitiert wird. "Einer geht noch" unter der Peitsche aus Kredit und Kreditversprechen. Das hält das System am Laufen.

Die Magazine heben die Monstranz vom angeblichen Leben von Superstars, die Gemeinde postet in den Sozial Media das Credo zurück: ich habe gekauft.

Lange zeigte das Hollywood Kino am liebsten das Leben der oberen Zehntausend. Louis Armstrong brauchte der Herrschaft zwar nicht den Schatten spenden aber sang (ihr) das Lied von der High Socity.

Mit der Niederlage im Vietnamkrieg verschiebt sich die Erzählung der US-Kulturindustrie auf die arme geknechtete Figur, die schier unmenschliches erdulden muss, und dann doch noch - dank einer Potenz (= Macht, Kraft, Vermögen, Fähigkeit) von der niemand so recht weiß wo sie noch herkommt, es sei denn aus genau dieser Knechtung, den Sprung, der von ihr verlangt wird, noch schafft. Das Kino ist seither voll von diesen Rockys und Rambos und depressiven Superhelden: Slavoj Zizeks: The Pervert's Guide to Cinema.

Überhaupt spielen Bilder immer eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung des "American Dream". Es sind Bilder als Fotografie, Film, TV, Comic und natürlich auch Kunst.

Das Bild American Dream, das Ernie Luley Superstar uns vorstellt, ist aus all diesen Versatzstücken so hyper-composed, das seine Bedeutung in dieser Komposition liegt. Der Künstler legt nicht Zeugenschaft einer Wahr-Nehmung ab. Er inszeniert. Aus Trash und meisterlichem Können. Aus liebevollen Details und der Darstellung extremer Brutalität. Qquentin Tarantino-Kino.

Aber der American Dream war immer auch der Traum der individuellen Freiheit. Den Cowboy, den man als Motiv in vielen Variationen in den frühen Arbeiten von Ernie Luley Superstar findet, also diesen Cowboy, als den durch die Prärie streifende Archetypus der Freiheit, kann es in einer modernen Gesellschaft nicht mehr geben. Zucht und Ordnung heißt folgerichtig eine der Arbeiten aus der aktuellen Reihe von Rück-Ansichten. Ist die Person heute gesichtslos? Oder ist heuteein fetischisiertes Detail bestimmend für einen selbst oder andere? Es bleibt Ent-Personalisierung, die Liquidation des Individuums in der total vergesellschafteten Gesellschaft.

Liquidation Total heißt im Französischen der Totale Räumungsverkauf. Dieser Lösung der Krise im Kapitalismus durch Liquidation hat (Nazi-)Deutschland eine ultimative Konsequenz hinzugefügt. Aber sie ist nicht einfach Vergangenheit, sie bleibt als reale Drohung im Hintergrund- auch auf vielen Bildern von Ernie Luley Superstar.

Von diesem hypothetischen Endpunkt, den Illusionen und Überheblichkeiten (großartig: Kiss,Trixie, Kiss) am taumelnden Ende des American Dream verweist die Ausstellung aber auch zurück auf die Ängste von Kindertagen. Unsere eigenen und die einer ganzen Ideologie.

Thomas Hobbes konstruierte 1651 in ein Gedankenexperiment: Der Naturzustand, ein hypothetischer Zustand, in dem die Menschen noch ohne Kultur leben, liefert ihm die Ausgangslage für eine Einschätzung der menschlichen Natur. Für den Menschen im Naturzustand entwickelt er folgendes Argument: Der Mensch, sofern ihn keine Wirtschaft oder Autorität in kulturell bedingte Schranken verweist, ist in erster Linie an der Sicherung der eigenen Bedürfnisse interessiert. So entsteht ein Krieg jedes Einzelnen gegen jeden Einzelnen. Für Hobbes ist das: Der böse Wolf. Genau das aber ist wiederum der American Dream und verweist zudem auf den Eingangssatz.

Bilder wie Ausstellung sind mehrfach codiert und gehen in sich selbst über. Es bleibt das Spiel mit den Ebenen. Kinderzimmer und Kunstgeschichte. Barocke Sehn-Sucht oder Barbiewelt? Und auch die Schleifchen an den Nippeln tun bestimmt ein bisschen weh...

Christoph Uhles, Brüssel, Oktober 2013